Das ostdeutsche Innenministerium war neben dem Staatssicherheitsdienst und dem Ministerium für Nationale Verteidigung eines der drei „Sicherheitsministerien“ der DDR. 1949 aus der Deutschen Verwaltung des Innern gebildet, fielen ihm in den 1950er Jahren zunächst alle Aufgaben des staatlichen Gewaltmonopols zu. Nach der Gründung der NVA behielt es die Hoheit über einen großen Teil der „bewaffneten Organe“ wie etwa die Bereitschaftspolizei.
Ausgehend von einem gruppenbiographischen Zugang soll zunächst das Selbstverständnis der leitenden Mitarbeiter und seine Auswirkungen auf die politische Praxis des Ministeriums untersucht werden: Welche Vorstellungen von „Ordnung“ und „Sicherheit“ herrschten vor? Inwieweit und wie lange prägten Erfahrungen aus der Zeit des Kaiserreichs, der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus die politische und administrative Arbeit? Welche Traditionen, aber auch welche Brüche mit der Zeit vor 1945 lassen sich finden? Ferner wird gefragt, wie sich das Neben-, Mit- und Gegeneinander von Menschen mit unterschiedlichen und teils gegensätzlichen Erfahrungen gestaltete: kommunistische Kader aus dem Exil, dem Widerstandskampf oder dem KZ neben ehemaligen Mitgliedern von NS-Organisationen und Angehörigen der Wehrmacht. Im Fokus sollen weniger Ausnahmesituationen wie der 17. Juni 1953 und der Mauerbau stehen, sondern die alltägliche Suche nach „inneren“ und „äußeren Feinden“ vor dem Hintergrund der deutsch-deutschen Systemkonkurrenz und des Kalten Krieges. Insofern soll das Projekt auch den Ort des Innenministeriums in der ostdeutschen Sicherheitsarchitektur konturieren.